Die optimale Anschlussstelle für Achtsamkeit und Mitgefühl in der Schule.

Dies ist unser letzter Prompt. Vielleicht werdet ihr aufatmen, falls ihr bisher Mühe hattet, mit den wöchentlichen Anforderungen Schritt zu halten – auch mir ging es manchmal so, wenn ich Leittexte geschrieben habe. Vielleicht werden euch die Prompts aber auch ein bisschen fehlen. Von der Anzahl der Themen her könnten wir noch ein ganzes Jahr lang so weitermachen. Aber da heute die letzte Chance ist, will ich ein bisher ausgeklammertes Thema ansprechen, um es in eure Hände zu legen, und ein letztes großes Thema in den Fokus rücken.

Thema 1: Teaching mindfulness

Wir haben uns in diesem Jahr viel mit uns selbst beschäftigt und das war wichtig, weil die Jahresgruppe primär eure persönliche und professionelle Entwicklung nähren sollte. Dazu mussten wir Fragen der Förderung von Schüler:innen etwas hintanzustellen. Es sollte vorrangig nicht darum gehen, was ihr mit euren Schüler:innen macht, sondern was ihr mit euch selbst macht. Über Themen wie  Mitgefühl, Freundlichkeit, Lehren aus dem Sein und pädagogische Beziehung haben wir dann auch gesehen, wie beides zusammenhängt: Unser Sein und das Sein der Schüler:innen sind nicht grundsätzlich voneinander getrennt und Wohlergehen, pädagogisches Verständnis und persönliche Transformation von Lehrer:innen gehen mit dem Wohlergehen und der Entwicklung der Schüler:innen Hand in Hand.

Die Frage „Was mache ich mit meinen Schüler:innen?“ kochte dann aber doch im Dezember auf, als es darum ging, wie ihr Achtsamkeit vermitteln könnt. Das war nach meiner Auffassung noch etwas zu früh, denn ich halte die Abfolge „be mindful – teach mindfully – teach mindfulness“ für sinnvoll. Jetzt aber, nach diesem Jahr, könnt ihr euch diesem Thema der Vermittlung verstärkt zuwenden, und ich denke, es wird euch leichtfallen. In dem Umfang, in dem ihr selbst Achtsamkeit und Mitgefühl verkörpert, werden euch die Übungen, die es dazu für die Schule gibt, wie Variationen eines großen Themas vorkommen, das ihr von innen heraus kennt. Der tiefere Sinn der Übungen wird sich euch unmittelbar erschließen, ihr werdet sie ohne viel Aufwand eurem Stil anpassen können und dann feststellen, dass ihr selbst in diesem Tun nach und nach immer tiefere Ebenen berührt. Lehrend und lernend schreitet ihr so gemeinsam mit euren Schüler:innen voran.

Was ist dazu konkret zu tun? Meine Empfehlung lautet:

Schritt 1: Kauft ungefähr drei Bücher zu diesem Thema für die Lehrer:innen-Bibliothek. In der Literaturliste findet ihr im Kapitel „Methodensammlungen und Arbeitsbücher für die Schule“ viele Vorschläge (Rechtschaffens Praxisbuch von 2018 sollte auf jeden Fall dabei sein). Falls ihr noch keine Lehrer:innen-Bibliothek habt, so legt mit diesen Büchern den Grundstein. Falls ihr keine Mittel habt, lasst euch etwas einfallen (Weihnachtsbazar, Elternverein, Spendenaufruf, Fotokopie, …). Falls ihr euch nicht entscheiden könnt, welche Bücher ihr kauft, stimmt euch mit den Kolleg:innen an eurer Schule und hier in der Gruppe ab.

Schritt 2: Probiert irgendeine Übung in einer Klasse aus. Tauscht euch mit den Kolleg:innen aus und schreibt eure Erfahrungen direkt in das Buch neben die Übung (z. B. „langweilig“, „ungeeignet für die x. Klasse“, „super Übung, die Schüler:innen haben sie sofort kapiert und lieben sie“). Markiert die guten Übungen mit farbigen Haftnotizen, sprecht mit den Kolleg:innen darüber und bittet sie, diese und andere Übungen auch auszuprobieren und zu kommentieren.

Alles weitere werdet ihr sehen. Vielleicht ist die Resonanz gering – dann habt ihr es wenigstens versucht. Vielleicht bleibt es beim Sprechen darüber – das wäre zumindest eine Horizonterweiterung. Vielleicht nutzt nur ihr die Bücher und niemand sonst – auch das wäre okay. Aber vielleicht entwickelt sich daraus in eurem Kollegium eine Diskussion oder sogar ein Konsens über den pädagogischen Stil und den Bildungsansatz eurer Schule – und das wäre der Jackpot, egal wie dieser Konsens im Detail ausfällt.

Also: Give it a try!


Thema 2: Sozial-emotionales Lernen

Nun zum anderen Thema, das in der Überschrift dieses Prompts steht: Sozial-emotionales Lernen (SEL). Wenn ihr Achtsamkeit und Mitgefühl in die Schule bringen wollt – durch Übungen für die Schüler:innen, durch eure Art des Lehrens sowie durch euer Sein –, so wird das nicht immer ganz reibungslos ablaufen. Es geht um eine Transformation des pädagogischen Ansatzes und der Lehrer:innen-Rolle, die nicht alle Kolleg:innen gutheißen werden. Deshalb empfiehlt es sich, einen leicht gangbaren Weg der Implementierung zu wählen, der wenig Widerstand provoziert. Das heißt, ihr braucht eine Anschlussstelle, an der ihr mit dieser Innovation sinnvoll andocken könnt, ein anerkanntes Ziel der schulischen Bildung, dem eure achtsamkeits- und mitgefühlsbasierten Übungen in konsensfähiger Weise entsprechen.

Diese vorgezeichnete Anschlussstelle für Achtsamkeit und Mitgefühl in der Schule gibt es tatsächlich – es ist das Thema sozial-emotionales Lernen, das seit einem halben Jahrhundert in mehreren Varianten zu einem erklärten Ziel der Schulpädagogik geworden ist. „Erklärt“ heißt zwar noch nicht „verwirklicht“, aber wir sind auf dem Weg dorthin: Die Kompetenzen, um die es hierbei geht, werden zunehmend als Schlüsselkompetenzen der digitalen und vernetzten Welt erkannt. Die weiteren Details dazu findet ihr in dem folgenden Leittext. Diesen Text habe ich ausnahmsweise mal nicht neu und speziell für euch geschrieben, sondern er war ein Vortrag und Buchbeitrag zu Beginn der Corona-Pandemie. Deren Folgen zeigen uns heute noch sehr viel deutlicher, dass die Schule als sozial-emotionaler Lern- und Lebensraum für die Schüler:innen geradezu lebenswichtig ist. Der krasseste Beleg dafür ist die enorme Zunahme der Depressionen im Kindes- und Jugendalter durch die Pandemie.

>> Leittext Sozial-emotionales Lernen

Ich hoffe, dass euch diese Überlegungen auch mehr Sicherheit geben bei der Umsetzung von Achtsamkeits- und Mitgefühlsübungen im Unterricht (siehe Thema 1). Und wenn ich mal den Leittext für Herz der Schule neu schreiben werde, wäre ich euch für Fragen, Anmerkungen und Praxiserfahrungen sehr dankbar (unten in der Reflexionsbox).

Mögen euch dieser letzte Prompt und sein Leittext sowie alle vorhergehenden Prompts und Leittexte gut in Erinnerung bleiben!

P.S.: Bitte vergesst nicht, eure Projektberichte fertigzustellen und an Nina zu senden.